Virtueller Kirchenrundgang

Wir begrüßen Sie zur virtuellen Kirchenführung in der über 800 jährigen Evangelisch-Lutherischen Apostelkirche in Leipzig-Großzschocher-Windorf.

Die Apostelkirche ist das Gotteshaus für die Orte Großzschocher und Windorf. Am Portal empfangen Sie zwei etwas strenge Figuren: der Apostel (griechisch: Gesandter) Petrus mit dem Schlüssel und der Apostel Paulus mit dem Schwert in der Hand. Diese Figuren, erst 1926 angefertigt, gaben der Kirche 1950 ihren Namen Apostelkirche.
Die Strenge der Apostel wird von dem Wetterengel hoch oben auf dem zweigipfligen Turm gemildert. Seine Botschaft könnte für die Gemeinde wie für alle anderen Einwohner in Großzschocher-Windorf das Wort von Dietrich Bonnhoefer (+ 1945) sein:

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost was kommen mag,
Gott ist mit uns am Abend und am Morgen,
und ganz bestimmt an jedem neuen Tag.
 
 
So ernst und heiter empfangen, kommen Sie in die Kirche. Sie können sich hier über Historisches und Kunstgeschichtliches informieren. Bitte nehmen Sie sich auch die Zeit für das, was die Apostelkirche in Stein, Holz und Bild vom christlichen Glauben erzählt.
   
Wie Sie noch erfahren werden und in der Kirchengeschichte nachlesen können, wurden immer wieder bauliche Veränderungen an und in der Kirche vorgenommen. Nach weiteren Restaurierungen 1851 und 1874 erfolgte zwischen 1904 und 1908 ein durchgreifender Umbau durch Julius Zeißig, der sich auf das Äußere und den Innenraum erstreckte.
 
Der Turm wurde von 27 auf 33 Meter erhöht und dabei fast ganz neu aufgeführt. Die den Chor flankierenden Anbauten hat man teilweise verändert. Die Westfront wurde mit einer repräsentativen Neubarockfassade verkleidet, zu der 1926 noch die von Johannes Hartmann geschaffenen Sitzfiguren von Petrus und Paulus kamen, und erhielt eine Säulenvorhalle. Im Kirchenschiff verschwand die zweite Empore. Neues Gestühl wurde aufgestellt.
Die Decke wurde mit einem Gemälde Christi Himmelfahrt von Otto Möller (Berlin) geschmückt (gestiftet von Kommerzienrat Dr. Paul Sack aus Plagwitz, Preis 1000,00 Mark).
Die ehemals vier Bronzeglocken mussten im Ersten Weltkrieg abgegeben werden. Die jetzigen drei Glocken sind erst 1922, nach dem Ersten Weltkrieg, in Bochum aus Stahl gegossen worden.
Die Kirchgemeinde hat sich stets bemüht ihr altehrwürdiges Gotteshaus instand zu halten, was sich am deutlichsten in den Stiftungen der Austattungsstücke sowie der Fenster ausdrückt.
Anlässlich der 750 Jahrfeier 1967 wurde die Kirche umfangreich renoviert. Danach bekam die Kirche 1974 eine neue Niederdruck-Dampfheizung. 1982 musste die defekte Turmbekrönung abgenommen und konnte erst 1988 bei der Turmsanierung wieder aufgesetzt werden. 1992 wurden Doppelfenster und neue Fenstergitter angebracht. Nach dem Einbau einer neuen Heizung (1994) in den Fußboden war es erforderlich, die Kirche im Innenraum zu renovieren. Dabei ist der Fußboden mit Platten aus sächsischem Elbsandstein ausgelegt, die gesamte Elektrik erneuert, neue Beleuchtungskörper angebracht und der Innenraum neu ausgemalt worden.
Die Orgel wurde von der Firma Bochmann (Kohren-Sahlis) generalüberholt und erklingt seitdem wieder in jedem Gottesdienst und zu mehreren Konzerten im Jahr.
Die Nebenräume sind bedarfsgerecht renoviert und zum Teil neu ausgestattet.
Inzwischen musste allerdings die Wetterfahne wegen Schadhaftigkeit abgenommen werden und kann voraussichtlich erst bei einer umfassenden Turmsanierung wieder ihren alten Platz einnehmen.
1999, 2000 und 2001 konnten dank der Finanzierung durch den Förderverein zur Erhaltung der Apostelkirche die Patronatsloge und der Altar restauriert werden.
   
Sie blicken in das Kirchenschiff, den Raum mit den Bänken, den Raum der versammelten Gemeinde. Das Bild an der Decke verkündet den hier versammelten ihren Auftrag; wir werden zum Ende der Führung damit schließen. Sie sehen weiter ins gotische Gewölbe von Turm und Altarraum.
Ihre Blicke werden von den farbigen Bögen nach oben gelenkt. Sie sehen an den Schlusssteinen bewegte Streifen, die im Altarbereich noch mit Punkten angereichert sind. Hier beginnt die Verkündigung:
 
Links an der Wand sind einige Grabtafeln angebracht, die früher die Grüfte im Altarraum abschlossen. Die älteste Tafel erinnert an George Pflugk, der 1549 verstorben ist. Zu dieser Zeit war die Reformation in Großzschocher schon eingeführt (1544). Weitere Grabtafeln sind Sabina Dieskau geb. Pflugin und Caralus von Dieskau, deren Wappen Sie in den Altarfenstern wiederfinden, gewidmet. Das schönste Grabmahl im Inneren der Kirche befindet sich rechts am turmtragenden Gewölbe. Christina Brand von Lindau starb zu Pfingsten 1570, eineinhalb Jahre alt.
 
Vor Ihnen erhebt sich über den beiden romanischen Bögen der Turm. Sein Unterbau gehört zum ältesten Teil der Kirche, deren Ersterwähnung in das Jahr 1217 fällt.
Aus dieser ältesten Beurkundung geht hervor, dass hier 1217 bereits eine romanische Chorturmkirche stand. Die nächste bekannte Datierung fällt in das Jahr 1450 als die zunächst noch romanische Apsis durch ein einjochiges mit drei Seiten des Sechsecks geschlossenes Chorhaupt erweitert wird. 1516 erhielten Chor und Chorhaupt, durch den romanischen Bogen getrennt, je ein Netzgewölbe.
 

Orgel

Der Orgelprospekt von 1787 enthielt die dritte Orgel. Die erste Orgel war 1679 eingebaut worden, die zweite 1714. 1787, das ist dokumentiert, liess man durch Gottlob Göhlich aus Leipzig eine neue Orgel errichten, deren Prospekt erhalten geblieben ist. Nach dem Umbau der Kirche (1904-1908) baute Wilhelm Rühlmann aus Zörbig ein neues Werk hinter den alten Prospekt.

   
Rühlmann-Orgeln waren wegen der Anwendung der zu Ende des vorigen Jahrhunderts aufgekommenen pneumatischen Steuerung den mechanischen Orgeln in verschiedener Hinsicht überlegen. Da jede Orgel ein Unikat darstellt und immer wieder Neuerungen ausprobiert wurden, ergeben sich auch für die Orgel in Großzschocher-Windorf einige Besonderheiten.
   
Mit 21 Registern ist die Orgel bereits mit Posaune und Trompete ausgerüstet. Das zweite Manual bietet das Ensemble einer weit größeren dreimanualigen Rühlmann- oder Ladegast-Orgel.
Die Orgel wurde von der Firma Lahmann, Leipzig, 1962 und 1968 klanglich umgestaltet. 1969-1974 wurde von Herrn Weise, VEB Orgelbau Bautzen, (Firma Hermann Eule) das Instrument grundlegend nachintoniert und ein neuer Prinzipal 2' eingebaut.

Kanzel

Die Kanzel fasst alle Aussagen zusammen. Hier wird Gottes Wort verkündet - es wird getragen von einem Engel und ist gekrönt von einer schön gestalteten Krone.

 
Das Wort Gottes, das in einer evangelisch-lutherischen Kirche gepredigt wird, geht aus von Christus allein (in der Mitte der Kanzel), wurde aufgeschrieben im Neuen Testament von vier Evangelisten: Matthäus mit dem Engel, Markus mit dem Löwen, Lukas mit dem Stier und Johannes mit dem Adler - je rechts und links von Jesus Christus. Den Prediger aber geleiten je rechts und links die beiden wichtigsten Apostel die Treppe hinab. Petrus mit dem Schlüssel (dem Symbol der Sündenvergebung) und Paulus mit dem Schwert, als Zeichen seiner römischen Bürgerwürde und Hinweis auf seine Enthauptung in Rom.
   
Das alles im Namen des Gekreuzigten (Kruzifixus) geschieht, daran soll das Portrait Christi am Kanzelaufgang erinnern, eine Gemäldekopie nach Guido Reni "Der Schmerzensmann".
Die Kanzel zeigt auf sieben Ölgemälden in der Mitte Jesus (mit Szepter), links und rechts neben ihm die vier Evangelisten mit ihrem jeweiligen Symbol: Matthäus (Engel), Markus (Löwe), Lukas (Stier), Johannes (Adler), ganz außen die Apostel Petrus mit Schlüssel und Paulus mit Schwert.
Die Kanzel wird von einer Engelfigur getragen. Die Bildtafeln am Altar und an der Kanzel entstammen der Spätrenaissance (Manierismus).
 
Altarraum
   
Die bewegten Streifen im Netzgewölbe symbolisieren eine alttestamentliche Geschichte: Mose bekommt von Gott (Jahwe) den Auftrag, das Volk Israel aus der Knechtschaft in Ägypten weg in ein neues Land zu führen. Die Berufung erhält Mose an einem Dornbusch (bewegte Strahlen im Gewölbe).
Die Stimme Gottes ist symbolisiert mit einer feurigen Flamme im Dornbusch, das bezeichnen die Punkte in den Strahlen. Gott fordert Mose auf: "Ziehe deine Schuhe von deinen Füßen; denn der Ort, auf dem du stehst, ist heiliges Land", hier spricht Gott zu uns Menschen.
 
Im Altarraum rechts steht eine Sandsteinplastik aus dem frühen 13. Jahrhundert, aus der ältesten Geschichte unserer Kirche, deren Bedeutung unklar ist. Vielleicht der Unterteil eines Lesepultes oder ein Osterleuchter. Es wird eine Osterdarstellung (Engel, zwei Frauen, Petrus als Bischof) oder die Verkündigung der Geburt Jesu durch den Engel an Maria vermutet.
Das nächstälteste Ausstattungsstück ist der aus einem Baumstamm geschnitzte Opferstock im Vorraum der Kirche, vom Ende des 15.Jahrhunderts.

Altar und Kanzel sind barock und sind 1696 gestiftet, zusammen mit einem nicht mehr vorhandenen Taufständer, von Christoph von Ponickau, Herrn auf Pomßen, Naunhof, Großzschocher und Windorf und seiner Ehefrau Elisabeth. In der Mitte des Altars sehen Sie die Einsetzung des Abendmahls, in der runden Scheibe darüber die Auferstehung Christi, geschaffen vermutlich nach einem Plan des Leipziger Bildhauers Johann Caspar Sandtmann durch seinen Gehilfen und Schwiegersohn Timmann, da Sandtmann schon 1695 verstorben war. Bei der Restaurierung des Altars 2001 ist nach Abnahme der Verkleidung der romanische Altarstein wieder freigelegt worden.

 

  Altarraum, rechte Seite  
     

Wenn Sie unter das Turmgewölbe treten sehen sie an der Wand rechts ein schmiedeeisernes Kreuz von Meister Christoph Weisse, Schmied und Nachbar 1694 angefertigt. Es ist das alte Giebelkreuz, das bis 1907 den Dachgiebel der Kirche zierte und abschloss. Unter dem Kreuz finden Sie zwei Holzplastiken (1713): Glaube mit dem Kelch und Hoffnung mit dem Anker darstellend.
Die Mauernische rechts erinnert an die ehemalige Sakristeitür, darüber das Weihekreuz, beides aus romanischer Zeit.

     
  Altarraum, Fenster  
     
In den Wappenfenstern im Altarraum erscheint rechts der Name Blümner mit der Jahreszahl 1797. Ein Jahr zuvor hatte der Kreisamtmann das Rittergut gekauft. Links daneben erscheint der Name von Gruner (Laura v.Gruner und Minna v. Falkenstein erbten Schloss und Rittergut). Links vom Altar ist das Wappen von Falkenstein (sächsischer Staatsminister, Rittergutsverwalter) und von Wedel (Constanze, Gräfin von Wedel, geb. v. Falkenstein, Besitzerin des Schlosses und des Rittergutes, gestorben 1907), beide mit der Jahreszahl 1888.
     
  Altarraum, Patronatsloge  
     
Sie sehen die mit reichem Stuck (Akanthus} verzierten, zweigeschossige Patronatsloge (Herrschaftsstube) mit dem Allianzwappen der Ponickau und Wetzler von Marsilien, (aus dem Elsass) die gegen 1700 eingebaut wurde.
   
Die flämische Krone -ein Kronenleuchter- aus dem 17. Jahrhundert, ist noch verhältnismäßig jung in unserer Kirche und ist ein Geschenk der Gräfin Wedel - nach der Gravur von 1896.
 
Altarraum, Försterloge
 
Das Langhaus (Kirchenschiff) wurde 1713/14 um "9 Ellen" verlängert und "3 Ellen" erhöht. Es wurden 5 viel höhere Fenster, 4 Türen und 2 Emporen für die Mannspersonen eingebaut. Eine Turmerneuerung fand aus Geldmangel nicht statt. Der "lange Stuhl" für die Hofknechte, später auch Försterloge (vorn links neben dem Altar) genannt, wurde eingebaut. Sie ist geschmückt mit vier Bildern biblischer Geschichten, welche die Taufe Jesu im Jordan durch Johannes den Täufer, Nikodemus in der Nacht bei Jesus, die Samariterin am Jakobsbrunnen und das Gleichnis Jesu vom barmherzigen Samariter darstellen.
Sehen wir uns die vier Renaissancebilder der kleinen Loge, der Försterloge an. Christen wissen: was Gott uns Menschen sagen will, sagt er durch Jesus Christus.
   
Das erste Bild zeigt Jesu Taufe am Jordan. Der ihn tauft ist Johannes der Täufer, der mit Bußpredigten Juden auf das baldige Kommen des Messias (Gottgesandter) vorbereitete. Die Taufe ist eine Reinigungszeremonie. Hier erkennt Jesus, ca. 30 Jahre alt, seinen Auftrag. Die Taube ist das Symbol des Heiligen Geistes, Geist Gottes, der auf Jesus ruht. Seine Sendung ist mit dem Heilandsruf (Matthäus 11, 28; Johannes 1, 29-34) umrissen: Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken. Dieser Heilandsruf ist außen an der Südseite unserer Kirche auf einer Steintafel angebracht.
   
Das zweite Bild: Die Reden Jesu verwundern, verärgern und verunsichern die gläubigen Juden. Rasch bildet sich eine Front gegen ihn. Nur wenige wagen ein aufklärendes Gespräch wie hier Nikodemus, ein Pharisäer und einer von den Oberen der Juden. Es ist ein Gespräch zur Nacht (Johannes 3, 1-11). Wird dieses Gespräch eine Wende im jüdischen Glauben herbeiführen, in Jesus den erwarteten Messias Gottes zu erkennen?
   
Im dritten Bild sehen wir Jesus im Gespräch mit einer Frau am Brunnen.
Es ist aber beileibe kein idyllisches Schäferbild! Das Bild erzählt vom Handeln Jesu, wie er ganz korrekt seinen Heilandsruf umsetzt. - Es ist erstaunlich, dass der Künstler gerade diese Szene ausgewählt hat und keine Krankenheilung. Ob das mit der positiven Einstellung der Reformation zu den Frauen zu tun hat oder das persönliche Anliegen des Malers ist? - Jesus rastet in einer Stadt in Samaria. Das Land und die Einwohner Samarias waren bei den Juden verpönt. Man betrat das Land nicht und sprach auch nicht mit den Bewohnern. Samaria galt als unrein. - Jesus kümmert sich darum nicht. Er schickt seine Jünger zum Einkauf in den Ort und rastet am Brunnen. An diesen Brunnen kommt eine Frau. Frauen galten nichts. Und diese Frau kommt allein, obwohl der Brunnen die Nachrichtenaustauschstation des Dorfes ist. Aber diese Frau war bei allen, auch bei den Frauen, eine Verworfene; sie war eine Hure. Jesus konnte diese drei diskriminierenden Eigenschafen ohne weiteres einschätzen. Das normale Verhalten eines freien gläubigen Juden wäre Aufstehen und Weggehen gewesen. - Aber Jesus bleibt, spricht mit ihr, läßt sich Wasser reichen und verhilft ihr auch noch zu neuer Würde im Dorf (Johannes 4). Der Heilandsruf gilt auch den Menschen in Samaria, auch den Frauen, auch den Prostituierten.
   
Zum vierten Bild: Der Künstler wählte aus den zahlreichen Gleichnissen das Gleichnis vom "Barmherzigen Samariter" aus Lukas 10, 25-37: Die Hilfe, die hier einem zuteil wird, der unter die Räuber gefallen ist, wird von einem (verpönten - siehe auch zu Bild 3) Samariter gegeben. Hilfe, sagt Jesus, hat jeder jedem in Not geratenen zu leisten, gleich welcher Herkunft; das ist Gottes Wille. Dieses Gleichnis war den Ausgangspunkt für die weltweite Nächstenliebe der Christen und dann für die Solidaritätsbewegung auch in der säkularen Welt. Die Bezeichnung "Samariter" steht, im Gegensatz zu seiner ursprünglichen Bedeutung, für Barmherzigkeit, für spontane und dauerhafte unkonventionelle Hilfe. Dieses Gleichnis Jesu von der praktischen Gottesliebe veränderte die Welt.
   
Altarraum, Taufständer
   

Der Ortsteil Windorf stiftete der Kirche 1763 aus Anlass des Friedensschlusses von Hubertusburg, der den Siebenjährigen Krieg beendete, den hölzernen Taufständer (Preußen gegen Sachsen, Österreich, Frankreich und Russland). Unser Taufständer ist dem aus italienischem Serpentin gestalteten Taufständer in der Schlosskapelle Hubertusburg nachgebildet.
 
Altarraum, Altar
   
   
Unsere Betrachtung geht an der 300 Jahre alten farbigen Schnitzerei des Altars weiter: Breiten Raum nimmt die Darstellung des Abendmahles ein. Zwölf Jünger sitzen mit Jesus am Tisch. Es ist das letzte gemeinsame Mahl. Heute wird dieser Tag "Gründonnerstag" genannt, abgeleitet von "greinen" - weinen - Tränendonnerstag. Reden, Taten, Leben Jesu, die Verkündigung der Liebe Gottes auch und gerade für die Menschen im Schatten, im Elend, im Aus hat nur wenige erreicht. Auch ein Jünger (Judas) war von Jesus enttäuscht. Enttäuscht, das Jesus nicht der Befreiungsbewegung Israels als potentieller König von Israel vorangehen wollte. Judas verrät Jesus bei der Tempelhierarchie, die den Störenfried endlich beseitigen wollte. Hier sitzen alle beim letzten Mahl, auch der Verräter. Und Jesus weiss es. So bleibt er seiner Sendung bis zuletzt treu: allen Menschen ist Gott zugewandt. An diesem Tisch setzt Jesus ein, was Christen in aller Welt halten: das Heilige Abendmahl. Jesus selbst deutet das, was wenige Stunden später geschieht: Sein Tod löst Menschen aus ihrer Schuld gegen Gott. Von nun an führt die Verfehlung der Gebote nicht mehr zum Tod, sondern, wer Schuld, Sünde, Versagen vor Gott bringt in Jesu Namen, dem ist vergeben (Matthäus 26, 17-28). Dieses Mahl der Vergebung und der Gemeinschaft mit Gott und den Menschen wird regelmässig hier am Altar gefeiert.
   
Unser Blick erfasst das Kruzifix (Gekreuzigter) vor der Abendmahlsdarstellung: Der Verrat und der Wille der Hierarchie, wie die Enttäuschung des Volkes führten Jesus zum Tode am Kreuz. Das war für die damalige Zeit die unwürdigste und grausamste Todesstrafe, eingeführt und vollstreckt von den Römern (Matthäus 27,31-56). Hier sollte der Schlusspunkt gesetzt sein für einen unbequemen Aussenseiter.
   
ABER: Wir heben die Augen und sehen im oberen Teil des Altars eine Osterdarstellung. So, wie es sich die Christen vor 300 Jahren vorstellten: ein viereckiges Steingrab mit abgedeckter Steinplatte, Jesus kommt hervor - die Bewacher (Soldaten) fallen um. Ostern - hier bleiben alle Darstellungen und alle Deutungen hinter dem Ereignis zurück. Jede Zeit hat mit ihren Mitteln ausdrücken wollen, was bildlich nicht zu erfassen ist: Die Sache Jesu ist nicht totzukriegen. Die Sache Jesu geht weiter. Oder kurz: Jesus lebt.
   
Die Jüngerinnen, Jünger wie auch wir erfahren drei Tage nach Karfreitag die Kraft Gottes in der Auferstehung Jesu. Was mit Jesus zur Erde kam, behält heute und in aller Zeit Gültigkeit: Gottes Liebe ist den Menschen zugewandt. - Der Mensch ist nicht auf sich zurückverwiesen, sondern hat Anfang und Ende, Sinn und Ziel des Lebens bei Gott. Ostern ist die Erfahrung von Heimat, Geborgenheit, Vergebung in Gott durch den Glauben an den auferstandene Herrn Jesus Christus (Lukas 24, 1-6).
   
Kirchenschiff
   
Sie schauen auf das Deckenbild von Otto Möller (Berlin, 1908). Eine Darstellung von "Christi Himmelfahrt" (Matthäus 28,16-20). - Darunter ist der Versammlungsraum der Gemeinde. - Vierzig Tage nach Ostern erfahren die Jünger zum zweitenmal: sie sind allein: Jesus Christus ist ihnen nicht mehr sichtbar zur Seite. Aber er nimmt sie für die Sache Gottes in die Pflicht mit dem Auftrag: Gehet hin und lehret alle Völker und tauft sie im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch aufgetragen habe. Und siehe ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende (Matthäus 28, 19-20). So verkündet das Bild über den Bänken Zusage und Auftrag für die Christen, die Nachfolger Jesu.
   
Wir hoffen, dass die Verkündigung in Stein, Holz und Bild, wie Sie sie hier erlebten, Ihnen christlichen Glauben nahegebracht hat.
   
Gott ist da, wo Menschen lieben,
Gott ist da, wo Liebe ist.
Gott ist da, wo Menschen hoffen,
Gott ist da, wo Hoffnung ist.
Gott ist da, wo Menschen leben,
Gott ist da, wo Leben ist.
 
Pfarrhaus
   
Untrennbar mit der Kirche ist die Baugeschichte des Pfarrhauses verbunden. So fanden in vergangenen Jahrhunderten immer auch Renovierungen und Umbauten statt.
Das alte Pfarrhaus ist 1592 durch Unachtsamkeit der Pfarrfrau abgebrannt und bereits 1593 war ein neues errichtet. Dieses ist 1692 durch einen Anbau erweitert worden. 1717, schreibt Pfarrer Schwartze, war man dem Einsturz durch eine Reparatur zuvorgekommen. 1737 ist ein letzter Anbau und Reparaturen erfolgt.
   
Zuletzt wurde das Pfarrhaus in den Jahren 1994/95 grundlegend um- und ausgebaut. Beginnend mit dem Auswechseln morscher Balken, Verstärkung der Außenwände, ein neues Dach, bis hin zum Einbau moderner Heizung- und Sanitäranlagen.
So entstand ein kleiner Gemeindesaal, eine Küche, Toiletten ein Gemeindebüro und eine neugestaltete Pfarrwohnung.
   
Texte von:
Joachim Reball, Kirchenvorstandsvorsitzender bis 2002 und
Ingrid Dietrich, Pfarrerin
   
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